Nein, ich habe nicht mitgemacht!

Nein, ich habe nicht mitgemacht!

November 2021. Ich sitze mit einem guten Freund am Tisch und wir essen zu Abend. Unsere Freundschaft steht vor einer Zerreißprobe. Wir lavieren dicht entlang am Rande eines Zerwürfnisses an der Frage um die Maßnahmen der Regierung zur Pandemie.

Von Serdar Somuncu
Wenige Tage zuvor hatte ich auf Facebook einen Artikel über die Corona Maßnahmen veröffentlicht, der durch die Decke ging. Seitdem kontaktieren mich Bekannte, Freunde, Fans und Verwandte, um mir entweder zu sagen, wie mutig sie es finden oder wie enttäuscht sie von mir sind. Es ist nicht zum ersten Mal, dass ein Text von mir für Aufregung sorgt. Ich habe es während der gesamten Coronakrise für meine Pflicht gehalten, mich dazu zu äußern, allerdings in einem gemäßigten und vor allem differenzierten Ton. Dafür habe ich von unterschiedlichen Seiten sehr viel Lob, aber auch sehr viel Kritik bekommen.

Auch, wenn man denken mag, dass es aufgrund meiner Anstellung bei einem öffentlich-rechtlichen Sender heikel war dies zu tun, hatte ich nicht ein einziges Mal den Gedanken, es zu lassen. Denn mir war wichtig, mich in dieser Zeit der Ungewissheit, der Aggression und Wut zu positionieren, nicht, um mich damit auf eine Seite zu stellen oder als Widerstandskämpfer aufzuführen, sondern weil es mir ein Bedürfnis war, nicht nur mich zu orientieren, sondern auch den Menschen, die meine Texte lasen, eine Orientierung zu geben.

Ausschnitt aus meinem Facebookpost vom November 2021:

,,Das, was wir gerade erleben, ist nichts anderes als der hilflose Umgang der Politik mit einer Pandemie, deren Ende so lange nicht abzusehen ist, wie wir immer wieder auf angebliche ultimative Lösungen setzen, statt auf eine stetige Anpassung der Maßnahmen, gemessen an den Zielen, die wir haben und den Gefahren, die wir vermeiden wollen.

Zahlen scheinen dabei nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen und die Macht, die man den immer gleichen Kommentatoren und Sendern gibt, ist so übergroß, dass eine weitere Verschärfung und Zuspitzung der Situation kaum zu vermeiden ist. Denn auch die mantrahaft wiederholten Narrative funktionieren nicht mehr. Anfangs war es noch die "Pandemie der Ungeimpften", dann sprach man von einer "verschwindend geringen Minderheit rechtsradikaler Esoteriker im Osten", die auf die Straße gehen, weil sie stur und sowieso unzufrieden mit dem System sind, jetzt verschweigt man einfach, dass es von Tag zu Tag immer mehr werden, die ihren Protest auf die Straße tragen, während die Methoden, sie zum Schweigen zu bringen, immer autoritärer werden."


Für diesen Text wurde ich später wegen angeblicher Verbreitung medizinischer Falschinformationen von YouTube gesperrt und von Facebook eingeschränkt.

Gleichzeitig nahmen wir jede Woche den Podcast Schröder & Somuncu auf, in dem das Thema Corona immer wieder zur Sprache kam. Von Anfang an konnte man dabei nachvollziehen, dass meine Position weder einseitig auf der Seite der Regierung war, noch war sie grundsätzlich gegen die Regierung, obwohl ich nach meiner verschobenen Tour genug Grund dafür gehabt hätte. Florian und ich haben versucht, die Krise, soweit es möglich war, aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und sicher sind wir dabei nicht durchgehend konsequent und schon gar nicht allwissend gewesen.

So wie uns ging es vielen anderen. Auch im Laufe der Krise haben sich unsere Ansichten geändert und manches auch ins Gegenteil gekehrt. Ich glaube, es gab nur wenige, die von Anfang an absehen konnten, wohin die Reise geht und trotzdem gibt es in den letzten Monaten eine zunehmende Aggression, die von denen ausgeht, die behaupten, alles richtig gemacht zu haben. Es ist nicht genau einzuschätzen, woher diese Energie kommt und wer sie verbreitet, aber es wird mehr und mehr deutlich, wofür sie steht und warum sie so wichtig ist. Denn eine bestimmte Gruppe von Menschen scheint sich in dem Gefühl zu sonnen, in ihrem kritischen Engagement eine Art Freiheitskampf gegen die Ungerechtigkeit der Oberen geführt zu haben. Und gleichzeitig greifen Sie diejenigen an, die in ihren Augen Mitläufer waren und mitgemacht haben und die sie für Kollaborateure halten und brandmarken, auch unter Vortäuschung falscher Tatsachen.

Auch in meinem Fall, so absurd das vor allem anhand der vorherigen Schilderung scheint, kommt dies immer häufiger vor und ich glaube darin ein Motiv erkannt zu haben. Es scheint eine Taktik bestimmter Kreise zu sein, die wahllose Behauptung aufzustellen, dass jemand Handlanger eines Systems ist, um an dieser Offenbarung seine eigene Haltung zu manifestieren und zu rechtfertigen. Meist kommen diese Behauptungen von Sympathisanten extrem rechter oder aber auch linker Kreise, die daraufhin erklären, weshalb sie mit der liberalen politischen Einstellung des angeblichen Verräters nicht mehr mitgehen können. Es ist eine schleichende Radikalisierung, die den Dialog unmöglich macht, weil das Urteil bereits gefällt ist. Ein Impfgegner zu sein oder einen Befürworter zu entlarven, ist Zubringer zu revolutionärer Gesinnung, denn sie zeigt, dass dieses System und ihre Unterstützer korrupt und unbelehrbar sind und sie schon immer auf der Seite der Vernunft standen. In Wirklichkeit ist es jedoch eine rachsüchtige Hetzjagd und eine darin kanalisierte Lynchmentalität, die sich an symbolischen und nicht verifizierbaren Behauptungen und Beispielen ausmacht. Hier liegt die gefährliche Schnittmenge zwischen beiden politischen Lagern.

In meinem Fall ist der Auslöser das Video eines offensichtlich geistig verwirrten YouTubers gewesen, der einen Ausschnitt aus unserem Podcast genommen und ihn zusammengeschnitten hat, dass es so wirkt, als wäre ich für eine Teilimpfpflicht eingetreten. Dabei sage ich vor und nach dem Ausschnitt viele Dinge, die dem diametral widersprechen.

Ausschnitt aus Schroeder & Somuncu vom 11.01.2022

Ich:
,,Ich finde auch also, die Fragen häufen sich und die Antworten bleiben aus und es ist ein bunter Strauß aus unterschiedlichen Maßnahmen, wie auch in Baden-Württemberg 2G, was aus meiner Sicht keinen Sinn macht. Erstens, weil man sich dann fragt, was ist der Unterschied zwischen einem zweifach Geimpften, der einen Test macht, der negativ sein muss und einem Geimpften, der den gleichen Test macht, der negativ sein muss. Und da gibts noch andere Maßnahmen, die gar nichts mehr mit denen zu tun haben, was man jetzt gerade als Ist-Zustand wahrnimmt, denn richtig ist, was du sagst, man weiß über Omikron noch nicht genug, um diese Strategie, die hier jetzt so ansatzweise verfolgt wird und dann wieder verworfen wird, als einzig richtige zu nehmen."

Die Kritik an den Maßnahmen ist deutlich zu erkennen. Und auch im Weiteren ist sie nicht zu überhören.

,,Fakt ist bei der Impfpflicht in Österreich sowie auch in Deutschland gibt es Probleme bei der Umsetzung. Es muss nämlich, bevor es zur Impfpflicht kommt, ein Register geben und dieses Register einzuführen, das ist auch in Österreich nicht leicht und trotzdem, selbst wenn es das geben sollte, wird es am Ende auch in Deutschland sicherlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen, denn es wird zahlreiche Klagen gegen die Impfpflicht geben."

Ich argumentiere hier also klar und deutlich gegen eine Impfpflicht und begründe es unter anderem damit, dass sie gar nicht rechtmäßig durchzuführen sei.

,,Und tatsächlich ist es so, dass man uns auch immer unterschiedliche Rettungswege versprochen hat - müssen wir jetzt nicht alles wieder aufrollen - aber von der Wirksamkeit der Impfstoffe wurde viel gesprochen, und es wurde auch viel revidiert und selbst diejenigen, die an vorderster Front dafür zuständig sind, diese Wirksamkeit den Leuten zu verkaufen und zu erklären, haben sich oft noch mal revidieren müssen. Dazu gehört der Chef der STIKO, dazu gehört auch Karl Lauterbach. Dazu gehört auch Christian Drosten und viele andere. Also ist das, was ich unter Realismus jetzt verstehe, die Zweifel der Leute nicht mitzutragen und auf die Straße zu gehen und sich auf ihre Seite zu stellen, sondern mindestens ernst zu nehmen und ihnen bessere Erklärung zu geben als die, die mittlerweile gegeben wurden oder nicht mehr gegeben werden, denn es geht gar nicht mehr um Erklärung. Ich habe ich das Gefühl, es geht im Moment einfach nur noch um Machtkampf zwischen den Regierenden und einer großen Mehrheit derer, die meinen, es richtig gemacht zu haben und einer kleinen Minderheit derer, die meinen, es richtiger zu machen und das kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass wir uns jetzt unversöhnlich gegenüberstehen und darauf warten, dass der andere einknickt und dass tut, was wir von ihm verlangen, sondern wir müssen praktikable und gerechte Lösung finden, die für jeden gelten und du hast eben gesagt, es gebe keinen Druck oder keinen Zwang, oder wie du es auch immer genannt hast. Natürlich gibt es Druck. Du hast es doch selbst eben genannt, in Österreich. Hohe drastische Strafen 3000 EUR bis zur Beugehaft, also mal ganz abgesehen davon, wie willst du das umsetzen? Willst du die Leute inhaftieren, die sich jetzt nicht impfen lassen wollen? Willst du sie reihenweise tausender Weise ins Gefängnis stecken?"

Und weiter

,,Wir haben ein beträchtliches Potenzial von Menschen, wie viele das auch immer sein mögen, die sich weigern oder unzufrieden sind oder einen anderen Weg möchten, und ich bin der Meinung, es gibt andere Lösungen, das hab ich auch schon oft gesagt, wie zum Beispiel in der Schweiz, wo es eine Steuer gibt, die Ungeimpfte zahlen müssen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, den Menschen die Kosten, die sie verursachen, sie selbst tragen zu lassen. Es gibt andere Wege als eben diese Impfpflicht!"

Das sind nur einige Passagen, aus denen meine Haltung sehr deutlich erkennbar wird. Umso perfider ist die aufgestellte Behauptung, ich sei für eine Impfpflicht eingetreten und hätte Ungeimpfte massiv beschimpft. Ich habe während der gesamten Coronakrise klar gesagt, dass auch ich nicht weiß, welche Maßnahmen die richtigen sind. Aber ich habe auch deutlich gemacht, dass ich nicht mit allem einverstanden bin und vor allem in einer Impfpflicht einen gravierenden Einschnitt in die Freiheit der Menschen sehe und sie daher nicht für durchführbar halte. Selbst in der Aufzeichnung meines Programmes aus der Düsseldorfer Mitsubushi Hall vom März 2020 äußere ich diese Kritik bereits zu Beginn der Krise mehr als deutlich. Dass ich dadurch nicht zu einem Schwurbler wurde oder mich habe auf die Seite ziehen lassen, um für anderweitige politische Propaganda instrumentalisiert zu werden, ist vielleicht ein Dorn im Auge derer, die heute gerne auf dem Surfbrett des angeblichen Widerstands surfen, um damit ihre schlechten Absichten zu verbergen.

So kommt auch immer wieder ein Interview mit Dietrich Brüggemann, dem Regisseur und Initiator der ,,Allesdichtmachen" Aktion zur Sprache, in dem ich ihn angeblich übelst vorgeführt und angegriffen habe. Dabei hat Brüggemann die Möglichkeit gehabt, sich gegen alle meine zugegeben kritischen Fragen zu wehren und zu erklären. Stattdessen hat er hilflos gestammelt und sich später zum Opfer gemacht und so getan, als wäre er zum Ziel eines abgekarteten Spiels geworden. Er erwähnt bis zum heutigen Tage nicht, dass der Anlass für die Einladung in meine Sendung eine unterschwellige Drohung war, die er gegen uns ausgesprochen hat, einen Anwalt einzuschalten und wir ihm daraufhin die Möglichkeit geben wollten, sich in unserer Sendung zu erklären. Dass dieses beim öffentlich-rechtlichen Sender möglich war, spricht gegen die Behauptung, dass man heute seine Meinung nicht frei äußern dürfte. Dass man aber trotz seiner freien Meinungsäußerung in der Pflicht steht, sich zu erklären und mindestens plausibel darzulegen, weshalb man Dinge macht und tut, ist etwas, dass ihm auch das Märchen der unfairen Behandlung nicht abnehmen kann.

An

Florian Schröder, Serdar Somuncu Radio Eins
Sachliche Fehler in ,,Schröder & Somuncu" #25

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Podcast ,,Schröder & Somuncu", Folge 25 vom 27.4., geht es um die Aktion #allesdichtmachen und darin auch um mich. Zunächst freue ich mich über den Versuch, die Aufregung um die Aktion mit kritischer Distanz zu betrachten. Leider bleibt es im Stadium des Versuchs hängen, da Sie sich offensichtlich nicht wirklich mit der Sache selbst auseinandergesetzt haben. Schon die Behauptung, sämtliche beteiligten Schauspieler seien gut verdienende TV-Stars, stimmt nicht. Da hätte ein Blick auf die Namensliste gereicht, um das herauszufinden.

Wirklich problematisch wird es bei Minute 16. Da heißt es wörtlich über mich: ,,Dass der aber längst in einem Milieu offensichtlich unterwegs ist, das nicht nur am Rand des Querdenkertums oder am Rand des Verschwörungsmystikers steht, sondern mittendrin ist, das hat anscheinend keiner mehr recherchiert."

Ich kann nur sagen: Volltreffer. Hat anscheinend keiner recherchiert. Zumindest wüsste ich nicht, wo Sie das herhaben wollen. Der Berliner ,,Tagesspiegel" hat ein paar Tage später ähnliches behauptet und sich im Tonfall und Inhalt so katastrophal vergriffen, dass es dort ein mittleres Erdbeben ausgelöst hat. Ich bin mit der Redaktion in Kontakt, man ist überaus zerknirscht, es wird eine Aufarbeitung geben.

Dass Sie solche unbelegten Behauptungen in die Welt setzen, wirft kein gutes Licht auf Sie. Ich habe keine Lust, so etwas mit Anwälten zu regeln, aber es wäre möglich. Sie machen da eine Tatsachenbehauptung, die durch nichts zu belegen, eindeutig falsch und eindeutig ehrverletzend ist. Wir bewegen uns also im Bereich der üblen Nachrede. Anstatt aber gleich mit dem Kadi zu kommen, rede ich immer lieber erst mit den Leuten selbst. Auch dem Tagesspiegel habe ich zunächst ein Gespräch angeboten (und das wurde dann mit einer Arroganz abgeschmettert, die der Chefredaktion jetzt mit Wucht auf die Füße fällt). Der kapitale Fehler, den Sie hier machen, ist das zwangsweise Zusammendenken von fundamentaler Kritik an der deutschen Corona-Politik mit Verschwörungsidiotie. Sie können sich offenbar nicht vorstellen, dass Ersteres völlig ohne letzteres möglich ist. Darüber würde ich mich sehr gern mit Ihnen unterhalten, und bei der Gelegenheit könnten Sie mir dann auch zeigen, wo ich mich ,,verschwörungsmystisch" geäußert haben soll, oder sich für diese Behauptung entschuldigen. Und über einen unklaren Kampfbegriff wie ,,Querdenkertum" sollten wir uns dann auch mal austauschen.

Ich freue mich auf eine Antwort. Beste Grüße

Dietrich Brüggemann


Daraufhin habe ich Dietrich Brüggemann in meine Sendung eingeladen. Hier einige Ausschnitte daraus.

Zunächst folgte ein Ausschnitt aus dem Film: ,,Alles dicht machen".

,,Lasst den Polizeistaat also richtig von der Leine und fahrt den Karren mit Karacho gegen die Wand. Nur dann haben wir am Ende spannende Geschichten zu erzählen, mal ehrlich, die brauchen wir. Ich meine, nach 75 friedlichen Jahren sind uns in Deutschland die Geschichten längst ausgegangen und wir brauchen neue."

,,Ein Jahr lang hatte ich durchgehend Angst. Doch diese Angst lässt jetzt nach. Und das macht mir Angst. Ich will wieder mehr Angst haben. Denn ohne Angst habe ich Angst. Deshalb appelliere ich an unsere Regierung: Macht uns mehr Angst. Die Menschen im Land brauchen diese Angst jetzt. Liebe Regierung, lasst uns in dieser Lage nicht allein. Es ist jetzt so wichtig, dass wir alle genug Angst haben."

Zurück im Gespräch

Ich:
,,Das hätte von Atilla Hildmann sein können alles, oder? Polizeistaat, 75 Jahre, damit spielst du auf die Nazizeit an."

Brüggemann:
,,Aber das hat ja Angela Merkel selbst gesagt ...".

Ich:
,,Sie hat gesagt, das ist die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.. sie hat nicht gesagt, wir sind in einer Diktatur."

Brüggemann:
,,Das habe ich auch nicht gesagt!"

Ich:
,,Na ja, du spielst drauf an, du sagst: seit 75 Jahren, also worauf beziehst du dich dann genau? Trotzdem. Das hätte von Atilla Hildmann sein können, oder?

Brüggemann:
,,Ich habe keine Ahnung, weil von Attila Hildmann kenn ich nur..äh, dass er mal veganer Koch war und dann zu..mit Corona vollkommen..äh, weg geschliddert ist in eine Richtung, wo er sich selbst als Reichskanzler installieren will. Mittlerweile in der Türkei lebt und auf Telegramm gegen alles und jeden wütet, also.."

Ich:
,,Du weißt nicht, was Attila Hildmann gesagt hat? Du sagst, du beschäftigst dich mit Corona und weißt nicht, was Attila Hildmann alles gesagt hat. Dass wir in nem Polizeistaat leben.."

Brüggemann:
,,Er gibt jede Menge Müll von sich. Was diese Sache mit dem Polizeistaat. Also..jetzt mal grundlegend zu all diesen Dingen.."

Ich:
,,Sprichst du das eigentlich oder ne Rolle?"

Brüggemann:
,,Natürlich, da wollte ich ja gerade drauf hinaus. Das ist ja...tatsächlich, die Leute sprechen ja alle in Rollen. Und wenn ich, wenn ich nen Film mach, der fiktional ist oder auch wie so ne Art Spot daherkommt, dann ist ja gerade bei ner klaren satirischen, die ja erkennbar ist, Zurichtung die Frage, ist das eigentlich jetzt eigentlich wirklich so gemeint, steht das jetzt gerade vollkommen auf dem Kopf, ist es extrem übertrieben, meint der das wirklich so? Was ist denn hier eigentlich die Frage, die gestellt wird. Und das..."

Ich:
,,Warum sagt er dann vorher seinen Namen? Warum sagt er, ich bin Jan Josef Liefers? Warum sagst du, ich bin Dietrich Brüggemann. Oder sprichst du als Privatperson ironisch?

Brüggemann:
,,Weil genau genau das die Sache ist, die wir persiflieren, ist ja so, dass das.. äh gut..situierte Testimonial, was eben der Bevölkerung immer so Sachen nahebringt ist, dieses Social Spots, die kennt man ja alle, die sind ja irgendwie oder auch..äh..solche Gesichter haben den Stellenwert wie Namen. Also Uschi Glas macht Werbung fürs Impfen und..äh..das bekannte Testimonial im Social Spot ist ja ein Thema, was man sozusagen kennt und diese Form haben wir persifliert, das ist richtig."
(...)

Ich:
,,Ich bin in manchen Dingen exakt deiner Meinung. Wir reden über die Art und Weise, wie wir kritisieren und die Frage, ob das der beste Weg ist."

Ich:
,,Lass uns über den Diskurs sprechen. Lass uns über die Situation sprechen, in der wir im Augenblick sind. Alles kocht schnell hoch. Ich zum Beispiel fand die Reaktion der Leute (gemeint ist auf die Aktion) total übertrieben und ich fand es auch sehr ungerecht. Ich fand auch die Herleitung, ähm, dass das ein Angriff, ein zynischer Angriff auf die Situation in den Intensivstationen ist, total drüber und ich kann verstehen, dass du sagst, ey, ich muss mich hier nicht für Dinge verantworten, die mit dem Projekt mit dem..ich..dass ich gemacht habe, eigentlich gar nichts mehr zu tun haben. Gibts da ne Möglichkeit, das anders zu machen oder glaubst du, das war genau der richtige Weg?"

Obwohl ich also sogar deutlich mache, in manchen Dingen seiner Meinung zu sein, frage ich weiter nach dem Sinn seiner wirren Aktion und kritisiere dabei die Uneindeutigkeit seiner Kritik. Von einer Falle oder einem unfairen Umgang kann nicht die Rede sein. Und schon gar nicht erkennt man ein von unsichtbaren Auftraggebern initiiertes Manöver, ihn vorzuführen.

An anderer Stelle verstrickt sich Brüggemann in Widersprüche. Über sein Auftreten auf Twitter behauptet er:

Brüggemann:
,,Wir müssen da einfach weg. Wir brauchen einen Exodus von diesen Plattformen. Das ist das allerwichtigste.. Also ich war nie groß auf Twitter."
(Anm.: Brüggemann hat mittlerweile ca.27 Tsd. Follower und 4413 Posts! Stand 08.05.24)


Ich:
,,Aber warum bist du dann noch bei Twitter?"

Brüggemann:
,,Ja, ich war da, ich hab da nie irgendwas etwas gemacht und jetzt seit #allesdichtmachen habe ich auf einmal ein paar Follower und denk mir, jetzt poste ich mal was, aber ich bin.."

Ich:
,,1089 Tweets Digga, 1089 Tweeets.."

Brüggemann.:
,,Genau.."

Ich:
,,Hast du mal mein Profil gesehen? Ich habe nur einen Tweet."

Brüggemann:
,,Ja, pass auf. Meine ersten fünf Jahre auf Twitter war so eingestellt, dass alles, was ich auf Facebook poste, auch irgendwie zu Twitter rüber geht. Das hab ich dann irgendwann ausgestellt, da kommen irgendwie so 1000 irgendwie 700 von diesen Tweets her..ja.. Also aktiv gefüttert kannst du durchzählen habe ich eigentlich nie, ich finds auch schlimm, ähm, also..das, das zum Diskurs.."

Ich:
,,Hä? Getwittert hab ich nie? Also 18. Mai: Dietrich Brüggemann ,,Souverän ist, wer sich über den Ausnahmezustand lustig macht" in Anführungsstrichen."

Brüggemann:
,,Ja genau seit #allesdichtmachen, habe ich auch noch ein paar Follower und twittere ab und zu und schau mir das jetzt mal an, aber im Prinzip, ich agiere da auch nicht, auch wenn du's mir nicht glaubst, ich lese da nicht die Kommentare. Ich schreib da.."

Ich:
,,Du antwortest auf Kommentare. Es gibt Threads, wo du auf Kommentare antwortest".

Brüggemann:
,,Ja, ab und zu passiert das mal".

Ich:
,, Lüg doch nicht. Das ist gelogen. Digga. Du antwortest permanent auf Kommentare. Du führst ellenlange Gespräche."

Brüggemann:
,,Nein, das hab ich auf Facebook ne Weile gemacht".

Ich:
,,Soll ich dir vorlesen?"

Brüggemann:
,,Kannste machen. Das ist ne Ausnahme gewesen. Andere hängen in einer ganz anderen, also du musst mir jetzt meine eigenen Tweets nicht vorlesen, ich weiß, was ich mache."

Ich:
,,Aber dann sag nicht, dass du nicht aktiv bist und nicht antwortest, du antwortest total viel."

Brüggemann:
,,Ja doch, nein, nicht total viel, sondern total wenig. Tschuldigung. Also.."

Ich:
,,Bist du jetzt pissed gerade?"

Brüggemann
,,Ja, weil ich es gerade nicht okay finde".

Ich
,,Du findest nicht okay, dass ich dir sage.."

Brüggemann
,,Was nicht stimmt.."

Ich:
,,Ja, du sagst etwas, was nicht stimmt. Ich seh es doch vor mir, die Seite ist auf. Die Zuschauer, Zuhörer können sich das angucken. Wie viel Tweets du abgelassen hast, allein in den letzten Tagen und wie oft du geantwortet hast."

Brüggemann
,,Ja, in den letzten Tagen habe ich öfter mal was getwittert und ab und zu mal geantwortet, aber trotzdem interagiere ich da längst nicht so viel wie viele andere und ich find s auch trotzdem auch weiterhin ein Problem und bin auch bald wieder weg da.."

Brüggemann hat sich um Kopf und Kragen geredet und seine Aussagen waren nicht nur widersprüchlich, sondern sie waren gelogen. Dennoch. Bis zum heutigen Tage verfolgen mich diese seltsamen Beschuldigungen, die offensichtlich in das Schema derer passen, die hinter allem eine große Verschwörung wittern. Und natürlich wird dabei auch gefordert, mich zu entschuldigen. Selbst Brüggemann ist so überzeugt von seinem Auftritt, dass er mir in einem weiteren Schreiben, beflügelt von dem Zuspruch seiner Fans, jovial einen weiteren Besuch in meiner Radiosendung angeboten hat, auf die ich wie folgt geantwortet habe.

"Hallo Dietrich, vielen Dank für deinen Brief. Ich glaube, die Wahrnehmung, die wir beide von unserem Gespräch haben, ist sehr unterschiedlich. Ich habe dir kritische Fragen gestellt, auf die du mehr oder weniger ehrlich geantwortet hast. Meine Kritik bezog sich nicht auf die Absicht, sondern auf die Art eurer Aktion. Daran hat sich auch bis zum heutigen Tage nichts geändert. Es ist schade, wenn du das anders wahrgenommen hast, aber es lässt sich nicht ändern. Sollte sich die Gelegenheit für ein Gespräch ergeben, so komme ich gerne drauf zurück. Ansonsten wünsche ich dir weiterhin alles Gute. Viele Grüße!"

Ich ärgere mich manchmal darüber, dass ich nicht auflösen kann, was wirklich hinter den Kulissen passiert ist, und ich habe lange gedacht, dass es mir egal sein kann, was daraus gemacht wird. Aber mittlerweile verselbstständigen sich solche Erzählungen so rasend schnell, dass sie irgendwann zu einer Wahrheit werden und immer wieder auftauchen, so als hätte man ein Verbrechen begangen, weil man nicht das getan oder gesagt hat, was andere von einem erwarten.

Andererseits glaube ich, dass jeder, der meine Programme kennt, diese sind zahlreich vorhanden, nachvollziehen kann, was an diesen Vorwürfen wahr ist und nicht.

Es ist ein Merkmal der Diskussionen unserer Zeit, dass sie oft in Beschuldigungen und Verdächtigungen münden und sich dabei die Urteile schneller bilden als die Kenntnis der Hintergründe, die man betrachten müsste, um abzuwägen zwischen richtig und falsch. Und selbst dann bleibt manches Ansichtssache. In diesem Fall aber ist es nicht nur hinterhältig und vorsätzlich, sondern es ist eine Strategie, hinter der ein ideologischer Antrieb steht, den anderen so lange diskreditieren zu wollen, bis seine Kraft schwindet, sich dagegen zu wehren und glaubhaft zu machen, dass die Anschuldigungen unberechtigt sind.

Ich habe niemals behauptet, ein Held zu sein, genauso, wie ich mir nicht vorwerfen lassen möchte, ein Mitläufer oder Handlanger gewesen zu sein. Dennoch möchte ich noch einmal betonen, dass ich meinen Glauben an die Demokratie in diesem Land nie verloren habe. Selbst in der schlimmsten Corona Zeit, als unglaubliche Dinge passiert sind, war meine Schlussfolgerung daraus nicht, dass wir in einer Diktatur leben, sondern es war immer möglich, seine Meinung frei zu äußern, auch wenn dies bedeutete, dass man dafür viel Widerstand in Kauf nehmen musste. Das bestimmte Kreise heute dieses Narrativ benutzen, um ihre eigene politische Agenda durchzusetzen und ihr Versagen zu kaschieren, ist ein weiterer Schritt in der Entwicklung der letzten Jahre. Die Skandalisierung ist zum gängigen Mittel geworden, um die wahre Absicht hinter dem Getöse zu verbergen: Nämlich sich und seine Ansichten als ultimativ durchzusetzen und so zu tun, als wäre man ein visionärer Vordenker und Revolutionär im Kampf gegen eine unsichtbare Diktatur. Daraus aber bezieht sich die Energie, die auch Rechte heute brauchen, um sich als Opfer darzustellen und ihr Tätersein zu verstecken hinter einer Fassade eines scheinbaren Kampfs um Gerechtigkeit. Viele Menschen können das nicht durchschauen und übernehmen einfach diese wahllosen Behauptung und erklären Sie für wahr. Wenn Sie sich dann so oft vervielfältigt, dass man ihr nicht mehr widersprechen kann, landet sie immer wieder in den Kommentarspalten und wird zu einem Label, dass man eine gewisse Zeit mit sich rumträgt. Es hilft nur dagegen zu halten und durchzuhalten und darauf zu hoffen, dass die Vernunft eines Tages über die Oberflächlichkeit siegt und die Menschen sich die Mühe machen, die Dinge zu hinterfragen, statt sie bedingungslos zu glauben.

Nachtrag: Am Ende des Abends im November 2022 haben mein Freund und ich uns schließlich versöhnt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es nichts bringt den anderen zu verdächtigen, sondern immer besser ist miteinander zu sprechen, sich gegenseitig zuzuhören und Fragen zu stellen, statt unwissend anzuklagen und zu urteilen.

08.05.24
©Serdar Somuncu
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*Serdar Somuncu ist Schauspieler und Regisseur
Kommentare
  • Christine Toma
    12.05.2024 00:34
    Vielleicht ist der Vergleich dämlich oder auch total unpassend, aber als ich über die Sache mit der "Diktatur" nachgedacht habe, fiel mir das Verhältnis "absolute Armut" zu "relativer Armut" ein . Das eine ist realer Hunger, Obdachlosigkeit und völliger Mangel an Versorgtsein. Das andere eigentlich erscheint im direkten Vergleich fast lächerlich, ist eher ein Gefühl, im Kontext bzw. im Verhältnis zum jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld eines Menschen, wird aber oft ähnlich belastend wahrgenommen. Man stelle sich vor, man belehre einen Sozialhilfeempfänger, er solle sich doch nicht so anstellen, in Afrika würden die Menschen doch in reeler Armut leben, er habe doch zu essen, er habe doch ein Dach über dem Kopf, sei er also arm??. Denn er leidet trotzdem und fühlt sich -im Vergleich mit der Mehrheit- .. arm. Wir Menschen sind als soziale Wesen ständig miteinander im Vergleich, je nachdem wie die breite Masse lebt, sehen wir uns selbst, ordnen unseren Stellenwert ein. Fühlen wir uns wahrgenommen, gewertschätzt. Integriert. Akzeptiert. Danach streben wir unser ganzes Leben.
    Auch wenn ich selbst den Begriff "Dikatur" in der Corona-Zeit nie verwendet habe, weil ich es nie so empfand, die Behauptung war völlig überzeichnet, habe ich doch in diesen Jahren eine Ahnung bekommen davon was es heißt, sozial "geächtet" zu sein, wenn man nicht die Meinung der Mehrheit teilte und danach handelte. Es wurde ganz klar abgesteckt, was "richtig" war und was "falsch". Man wurde bestraft wenn man vom Weg abwich. Man wurde gemieden und schief angesehen, abschätzig tituliert und in rechte Lager geschoben. Das alles war, gemessen an einer echten "Diktatur" lächerlich milde. Ganz klar. Aber das Gefühl war damals ein anderes. Gefühlt übte das Volk selbst, die Menschen unmittelbar um einen herum, eine (nennen wir es zum Verdeutlichen ausnahmsweise so)"Diktatur" aus, kein Staatschef, Diktator oder Militärregime. Eher wie ein verlängerter Arm der Regierung agierte die Mehrheit gegen die Minderheit.. Da die Erfahrung eines echten restriktiven Systems fehlte, empfand die Minderheit diesen Zustand durchaus als bedrohlich und als eine ziemliche Zumutung. Seelisch sehr belastend. Man fühlte sich nicht mehr "frei", zugleich nicht mehr zugehörig. Deswegen finde ich es zwar auch aus heutiger Warte immer noch falsch, von einer "Meinungs-Diktatur", oder gar "Diktatur" zu reden. Ich kann aber durchaus nachvollziehen, dass sich viele dazu haben hinreißen haben lassen so etwas nachzuplappern. Gerade in Ost-DL kamen wohl auch Erinnerungen hoch, Ängste. Dass es nochmal so werden könnte wie vor dem Mauerfall. Klar völlig überzeichnet wenn man es dann tatsächlich abgleicht.
    Im Hier und Heute finde ich den Meinungs-Diskurs aber nach wie vor unentspannter als früher, selbst wenn man immer noch alles sagen kann. "Shitstorms", Kündigungen, Ausladungen etc. als soziale Druckmittel sind gegenüber Menschen der Politik- u. Medienlandschaft inflationär geworden. Aber auch als kleine Privatperson: Wer sagt, ich bin gegen Waffenlieferungen in die Ukraine und für Verhandlungsversuche /Deeskalation wird als Putin-Freund gelabelt. Wer die israelischen Regierungs-Hardliner kritisiert und sich dort Kriegs-Stopp und dann eine - endlich faire- Zweistaatenlösung wünscht, "verharmlost" die Hamas oder ist Antisemit. Wer sagt, mir geht das Marketing-Rosa und der allgegenwärtige Dauer-Regenbogen auf den Keks und uns allen - ob hetero oder schwul- ist mehr mit sozialer / monetärer Gerechtigkeit gedient als mit rein sprachlicher wird zum Homophoben. Wer über deutsche "Klimaschutz-Maßnahmen" der Grünen müde lächelt, weil (u.a.) sie -doppelmoralisch- mit MERCOSUR das klimaschädlichste Handelsabkommen der letzten Jahrzehnte nun endlich zum Abschluss bringen wollen, wird zum "Klima-Leugner" und Konservativen, (selbst wenn er sich aufrichtig echten, v.a.globalen Klimaschutz wünscht).. Wer Feminismus/Sexismus-Debatten eher etwas ratlos beobachtet, (weil schon seine 5. Klässler ihre reichen Porno-Erfahrungen zuhauf kundtun, die oberen Jahrgänge mit "Tinder" eine Sex-Wegwerfkultur zelebriert), liegt absolut im Anti-Trend. Wer lieber mit Menschen als mit einer K.I. spricht und die zunehmende Abhängigkeit von Digitalität hochkritisch sieht, der verweigert sich dem "Fortschritt", ist rückwärtsgewandt und beseelt von der "Früher war alles besser" -Mentalität. Genug gejammert.
    Es wird zwar nicht diktiert, aber en masse gelabelt. Und das verkürzt die Dialoge. Echter, differenzierter Meinungsaustausch dauert. Man nimmt sich nicht mehr die Zeit, man labelt, schiebt in Schubladen und hakt ab. Zurück bleibt ein erfolgloser Versuch sich zu erklären, um zurück ins warme Nest der gesellschaftlichen Anerkennung zu finden. Dann lieber doch sagen, was alle sagen.
    Oder?
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The same faces always follow me on the streets of Berlin: Marie-Agnes Strack-Zimmermann in the Christian Lindner memorial black and white; Sahra Wagenknecht, who has only mastered a single facial expression in photos for fifteen years and is not running at all in the European elections; or Katharina Barley, who is apparently so unknown as the top candidate for the European elections that Olaf Scholz is standing by her side on the posters, so that the passing mob at least develops a rough idea of what this mysterious Ms. Barley is all about.

However, it's also exciting who doesn't advertise with the faces of their candidates: the CDU knows full well that it can't win much ground with the likeness of Ursula von der Leyen. The Christian Democrats are focusing on their core competence: airy casings that somehow sound delicious, the potato soup among the slogans, consisting of empty carbohydrates and still warm. "For a Germany in which we live well and happily" was the motto of the 2017 federal election. Today: "For a Europe that protects and benefits." Sexy.

First and foremost, we are dealing with great theater. The Germany in which we live so well and happily believes that its population has very little influence over their own interests. We are free to change staff every four years, although the overall shifts are rather manageable in most cases due to the five percent hurdle - much more than that is up for debate. Once they have made themselves comfortable in their seats, the politicians primarily do what they want. If they do nonsense, you have to wait until the next election to be able to sanction them for it. The population is only allowed to participate in the debate on Twitter or TikTok.

There are no means of driving out a politician who throws his principles and election promises overboard in a very short space of time - otherwise the Green faction in the Bundestag would be significantly smaller today. In addition, there is the planned electoral law reform to reduce the size of the Bundestag, which, however, primarily targets direct mandates from smaller parties. Here alone one could speak of a gross break with the will of the voters, after all, the common voter is not just there to shift percentages, but to make his or her voice heard.

The structures at the European level in particular are almost absurdly opaque. At five-year intervals, citizens are counted to cast a vote primarily in favor of leaving them alone for the next five years. There is a good tradition of deporting failed or simply annoying former federal politicians to Brussels in order to keep them busy there with twice the workload of meeting weeks and thus practically silence the local discourse. Meanwhile, the future of all of us is being decided in Europe - and we know next to nothing about it! Via text message, Ursula von der Leyen is costing taxpaying EU citizens billions and billions of euros for a vaccine that over time turned out to be significantly less effective than was initially assumed. A single company benefited greatly from the biggest crisis since the Second World War.

One hears again and again that the legislative periods, especially at the federal level, are too short to actually change anything. We should only elect the German Bundestag every five or even six years to give the poor politicians the time to implement their plans in peace. The logical error here is obvious: governments are completely free at any time to make future-oriented decisions, the benefits of which will only become apparent long after the current legislative period - but they consciously decide against it in order to promote populist fast food based on surveys. to pursue politics that are intended to maintain one's own power.

It is better to push the unpleasant things into the next legislature. After all, you want to decorate yourself with immediate, small successes. However, why this should be a problem for voters is completely unclear. Shouldn't we expect more from our elected representatives to get off their high horse and commit themselves to the German people instead of just keeping their own chair warm? Is it the voter's fault if Lauterbach pulls off a patchwork bureaucratic monster of cannabis legalization in order to be celebrated as a pioneer?

In his well-read pamphlet "Screw Selflove, Give Me Class War," the author Jean-Philippe Kindler describes our democracy as "capitalism with elections." So while the personnel changes, politicians, as soon as they get into positions of power, despite all the loud promises of unshakable ideals, end up serving the corporations. This is rarely as obvious as when the FDP leads the finance ministry. The AfD, which sells itself as social, also repeatedly talks about not wanting to tax wealthy people or companies more heavily under any circumstances. Commitment to the needs of the much-discussed (and rarely actually addressed) "little man" on the ass. In view of the draft law on the Promotion of Democracy Act, which, depending on its interpretation, can also be misused to stifle criticism of the government by citing a threat to the state. Imagine if such a law were in force under an AfD-led government.

Anyone who walks through the streets in Berlin is stared at by posters with slogans such as "Give Prosperity a Voice" (CDU), "Against Hatred and Incitement" or "For Moderation, Center and Peace" (both SPD) - absolutely meaningless turnip stew formulations - or: "Education: first line of defense of democracy." Of course a poster from the FDP, whose top candidate Marie-Agnes Strack-Zimmermann cannot deviate from the war rhetoric even when it comes to educating people to become politically informed, responsible citizens . But it is of course welcome that the FDP wants to work for better education, because things are extremely bad in Germany. There are even said to be well-known female politicians in government parties whose reading skills are apparently so limited that they consider Mother Courage to be a positive identification figure.

As I said, it is true that most governments achieve little that will change the world in the four years they are given. However, that doesn't mean you shouldn't try. Unfortunately, we are observing a completely discouraged government that is not providing any answers to pressing questions about the future. In a rule by the people, we would actually be counted on to assert our civic duty beyond the ballot box to vote on individuals. We have the instrument of the referendum for this purpose. But anyone who walks across the streets in Berlin and observes election posters cannot help but remember the last referendums here in this city:

On May 25, 2014, a referendum was held on the development of Tempelhofer Feld. The development of the popular park planned by the Senate should be prevented by the plebiscite. A majority voted for the referendum and thus for the preservation of Tempelhofer Feld as a local recreation area and historical site. There were last headlines about the planned development of Tempelhofer Feld in autumn 2023, so the referendum is up for discussion.

The referendum on the expropriation of the real estate group Deutsche Wohnen took place during the 2021 federal election. The aim was to break the dominance of corporations like Deutsche Wohnen in order to prevent rents from skyrocketing and to maintain Berlin as a reasonably affordable place to live. As a basic service, apartments should be rented out by the city at controlled prices so that there is no Darwinian struggle for the scarce living space. The referendum received widespread support from the electorate. It has not yet been implemented and is no longer even discussed.

The last Berlin plebiscite was "Berlin 2030 climate neutral". The aim was to formulate a law that would oblige Berlin to comply with certain emission saving measures. The initiators must also have been very aware that the feasibility was only moderately good; the idea was certainly not least to be able to hold the city accountable for past failures. But none of that matters, because the referendum was actively sabotaged by the city of Berlin by not holding it parallel to the repeat election in February 2023, but more than a month later, even though it would have been possible to hold it in February.

The reason that referendums are often combined with elections is that they can increase participation. The only time the German Michel tends not to go to his polling station is for a referendum. If the plebiscite is added when an election is coming up anyway, it will have a huge impact on the number of participants. Scheduling the referendum on the climate law for Berlin on a separate date inevitably meant that the necessary quota was not reached. Here the population was partially denied the opportunity to make their own voice audible in a simple and low-threshold manner.

When Hubert Aiwanger said that the people should "take back democracy," it was treated like a despicable threatening gesture given his unjustifiable missteps in his previous life. But we need to think seriously about the state of a democracy in which we give power to people who can then act with impunity against the will of the voters and even ignore it when it is officially stated. The idea of representative democracy is noble and shows a belief in the good in people, but does not take into account the corruptibility of politicians, which always has to be taken into account in capitalism. When Julia Klöckner, then Minister of Food, praises Nestlé, it should be clear to every responsible citizen that something is wrong here. Whose interests should be represented here?

It is only worth arguing about longer terms of office if at the same time it enables greater participation of the population in other democratic processes. Imagine if we were now tied to the traffic lights for a total of six years instead of four and were practically at its mercy for the entire period when it comes to potentially existential debates such as arms deliveries or military conscription. Stability in a democracy can only exist if the population actually trusts the government and can intervene when that trust wanes. When politicians no longer just use easily digestible phrases and populist theses for election campaign purposes, only to be unable to be warned to comply once they are elected. When corporations, lobby associations and shady interest groups are disempowered. If this succeeds, a government no longer has to be so afraid of the Internet that it would need a law to promote democracy.

05/06/24
*Bent-Erik Scholz works as a freelancer for RBB