Ausländer? Kriminalität!

Ausländer? Kriminalität!

In den letzten Monaten wird wieder zunehmend über steigende Zahlen der Ausländerkriminalität in Deutschland berichtet, so als stünden wir vor einer Apokalypse? Woran liegt das? Steigen die Zahlen wirklich auf einmal signifikant oder gibt es andere Gründe dafür, dass man darüber spricht?
Um diese Frage zu beantworten, muss man gleich mehrere Dinge analysieren. Von wem sprechen wir, wenn wir pauschal über Ausländerkriminalität sprechen? Was bedeutet Kriminalität? Wo werden die Straftaten begangen? Und wenn die Zahlen wirklich gestiegen sind, was sind die Hintergründe und Ursachen dafür?
Vor allem aber stellt sich die Frage, warum gerade jetzt die Berichterstattung darüber und auch die Diskussion in Politik und Gesellschaft mit einer solchen Vehemenz geführt werden, als gäbe es einen dringenden Handlungsbedarf. Versuchen wir also das Unmögliche und begeben wir uns in die Details dieser oberflächlich geführten Debatten.


Von Serdar Somuncu
Wer ist Ausländer?

Rund 12,3 Millionen Menschen in Deutschland hatten Ende 2022 keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das entspricht einem Ausländeranteil von 15 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund umfasste sogar 24 Millionen Menschen. Allerdings sind die Ausländer regional sehr unterschiedlich verteilt.
Vor allem in Großstädten und teilweise auch in deren Umland sowie in einigen Grenzregionen ist der Ausländeranteil hoch. Den höchsten Wert unter allen Landkreisen und kreisfreien Städten wies mit 39 Prozent die hessische Stadt Offenbach am Main aus, gefolgt von der Nachbarstadt Frankfurt am Main mit 31 Prozent. Vergleichsweise wenige Ausländer leben demgegenüber in ländlichen Räumen sowie generell in Ostdeutschland. In zahlreichen ostdeutschen Landkreisen hatte weniger als fünf Prozent der Bevölkerung keine deutsche Staatsangehörigkeit.
Ausländer zieht es traditionell überwiegend in Städte, weil sie hier leichter einen Arbeitsplatz finden oder studieren können. Im Gegensatz zu deutschen Bürgern bleiben sie mit steigendem Wohlstand häufig in den Städten wohnen und wandern seltener ins Umland ab - dies erhöht ihren Anteil an der städtischen Bevölkerung. Zudem ist die sogenannte Kettenwanderung von zentraler Bedeutung: Ausländer gehen bevorzugt dorthin, wo schon Verwandte, Freunde oder andere aus ihrer Nation leben. Dies führt zu einer Konzentration auf bestimmte Orte und Regionen. (Quelle: Bund und Länder Demografie Portal)

Zu diesen 82 Millionen kommen jährlich circa zwischen 200.000 und 400.000 Asylbewerber hinzu, die zu uns aus unterschiedlichen Ländern kommen. Zum einen sind es Kriegsflüchtlinge aus Ländern wie Syrien, dem Irak oder Afghanistan, zum anderen sind es sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge aus dem nordafrikanischen Raum Südamerika und aus Westafrika, wobei man dabei auch unterscheiden muss zwischen Menschen, die aus Krisengebieten wie zum Beispiel aus Nigeria zu uns kommen, weil sie auf der Flucht vor dem Terror der Boko Haram sind oder aus Ghana oder sonstigen westafrikanischen Ländern, denen es verhältnismäßig gut geht, den sogenannten sicheren Herkunftsländern. Ghana z. B. hatte in den letzten zehn Jahren ein Wirtschaftswachstum von 4,9 %. Die Zuwanderung aus diesen Ländern ist also verhältnismäßig gering.
Flüchtlinge aus der Türkei hingegen kommen nach Deutschland, weil sie entweder politisch verfolgt sind oder unter den restriktiven Bedingungen der Erdogan Regierung leiden. Denn auch die Türkei steht wirtschaftlich verhältnismäßig gut da. Bei den Top-10-Staatsangehörigkeiten im Zeitraum Januar bis Oktober 2023 steht an erster Stelle Syrien mit einem Anteil von 31,2 % aller Erstanträge. Den zweiten Platz nimmt die Türkei mit einem Anteil von 16,9 % ein. Danach folgt Afghanistan mit 16,4 %. Fast zwei Drittel (64,5 % bzw. 172.380 Erstanträge) aller in diesem Zeitraum gestellten Erstanträge entfallen damit auf diese drei Staatsangehörigkeiten. (Quelle: Tagesschau.de)
Dazu gibt es auch noch Flüchtlinge, die aus Osteuropa zu uns kommen, vornehmlich aus ärmeren Ländern wie Rumänien, Moldawien, dem Kosovo oder den ehemaligen Teilstaaten Jugoslawiens. Ein weiterer großer Teil der Flüchtlinge kommt aus der Ukraine. Allein im letzten Jahr sind fast 1 Million Menschen vor dem Krieg in der Ost-Ukraine zu uns geflüchtet. Die Zusammensetzung der Menschen, die zu uns kommen, ist also durchaus inhomogen.

Besonders deutlich wird das, wenn man sich die offiziellen Zahlen der EU Kommission anschaut und diese in Vergleich bringt.

Laut Zahlen des UNHCR gab es weltweit:
* 36,4 Mio. Flüchtlinge Mitte 2023 und
* 62,5 Mio. Binnenvertriebene (aufgrund von Konflikten und Gewalt) Ende 2022.
Hinweis: Ende 2021 lebten 10 % aller Flüchtlinge weltweit und nur ein Bruchteil der Binnenvertriebenen in der EU. Bis Ende 2022 stieg der Anteil der in der EU lebenden Flüchtlinge infolge des Krieges in der Ukraine auf über 20 %.
Der Anteil der Flüchtlinge in der EU lag bei 1,5 % der Gesamtbevölkerung.
(Quelle: UNHCR)?
Die irreguläre Migration ist zwar häufig Thema, aber in Wirklichkeit machen irreguläre Einreisen nur einen Bruchteil der Migration in der EU aus.
2023 waren es 281.872, davon 184.612 Seeüberquerungen und 97.258 auf dem Landweg.
Auch die Rückführung abgelehnter Asylbewerber muss berücksichtigt werden und wird in der reißerischen Berichterstattung der Medien oft verschwiegen.
2022 wurden 73 600 Nicht-EU-Bürger/innen in ein Drittland rückgeführt. Das entspricht 17 % aller im Laufe des Jahres ergangenen Rückkehrentscheidungen - gegenüber 18 % im Jahr 2021.
2022 lag das Verhältnis zwischen freiwilliger und Zwangsrückkehr bei 54:46. In 75 % der Fälle handelte es sich um unterstützte Rückführungen, d. h. die rückgeführten Personen erhielten logistische, finanzielle und/oder sonstige materielle Unterstützung.
Im ersten Halbjahr 2023 wurden 217 100 Nicht-EU-Bürger/innen aufgefordert, die EU zu verlassen; insgesamt 38 900 wurden aufgrund einer Rückkehranordnung in ein Nicht-EU-Land zurückgeführt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der Rückkehranordnungen um 16 %; die Zahl der Rückführungen um 21 %.
(Quelle: UNHCR)

Wenn man also generalisierend von Ausländern spricht, ignoriert man bewusst die unterschiedlichen Gründe und Motive, weshalb die Menschen flüchten. Auch stellt sich die Frage, ob es einen qualitativen Unterschied der Fluchtgründe geben kann, wenn Menschen in der Regel aus Unzufriedenheit, Angst oder Verzweiflung ihre Heimat verlassen. Die eigentliche Frage ist doch, weshalb man überhaupt die Strapazen einer Flucht auf sich nimmt und in die Ungewissheit reist. Denn in unserer Vorstellung ist die Flucht oft einfacher, als sie es in der Realität wirklich ist. Abgesehen davon, dass es eine große seelische Belastung ist und ein enormes Risiko bedeutet, seine Heimat zu verlassen, vielleicht dort seine Familie und Verwandten zu hinterlassen, kostet es auch eine Menge Geld und beinhaltet große Gefahren.

Die meisten Flüchtlinge, die z. B. aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan zu uns kommen, schließen sich Schlepperbanden an, denen sie hohe Summen dafür bezahlen, dass sie Ihnen eine Überfahrt über das Meer ins gelobte Land organisieren. Oft sind es Schlauchboote, in denen sich Flüchtlinge zusammen mit hunderten anderen drängen, um bei Nacht und Nebel, Sturm und Wellen über das Meer zu fahren. Und sie werden auch nicht mit offenen Armen empfangen, sondern wenn sie es schaffen, an Land zu gelangen, werden sie einquartiert in Aufnahmelager, von wo sie dann in andere Länder abgeschoben werden.
Der Eindruck, der erweckt wird, dass alle Flüchtlinge auf illegalen Wege zu uns kommen, ist in der Regel also übertrieben. Zwar gab es im Jahre 2015, als Angela Merkel die Grenzen willkürlich geöffnet hat, eine von der Norm abweichende Flüchtlingsbewegung, bei der man nicht ausschließen konnte, dass auch Menschen zu uns gekommen sind, die es mit uns nicht gut meinen. Aber das ist sicher nicht der Grund dafür, dass die Zahlen der Ausländerkriminalität in den letzten Monaten plötzlich gestiegen sind. Geradezu absurd ist es, von Masseneinwanderung und Flüchtlingswellen zu sprechen, um zu suggerieren, dass wir es hier mit einem unverhältnismäßig großen Ansturm auf unser Land zu tun haben. Erst recht wird der Eindruck verstärkt, wenn man unvollständige und reduzierte Zahlen zur Rechtfertigung seiner unlauteren Behauptungen zurate zieht.

Werfen wir dafür noch mal einen Blick auf die Statistik, dann werden wir feststellen, dass vor allem Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen die Asylauflagen in der Kriminalstatistik erfasst werden und der angebliche Anstieg der Messerstraftaten und Gewalttaten nur einen geringen Teil davon ausmacht. So ist die Zahl der schweren Straftaten, die Ausländer begehen in den letzten Jahren sogar gesunken, aber die Art der Taten ist schwerer geworden. Vergewaltigungen und Messerstechereien gibt es allerdings auch unter Deutschen, sie gehören genauso wenig zum Alltagsbild wie tätliche Angriffe im Fussballstadion oder Amokläufe. Vielmehr werden diese Fälle von den Medien aufgebauscht, um ein Bild zu schüren, welches den Eindruck eines akuten Handlungsbedarfs erzeugen soll.
Eine Zunahme an Gewaltdelikten, bei denen eine Tatörtlichkeit erfasst wurde, ist laut Polizeistatistik (PKS) vom ersten Halbjahr 2022 bis zum ersten Halbjahr 2023 vor allem im öffentlichen Raum und weniger im privaten Wohnraum zu verzeichnen. Beispielsweise sind die Fallzahlen von Gewaltdelikten auf öffentlichen Straßen und Plätzen um rund 14 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 angestiegen. Beim privaten Wohnraum ist lediglich ein Anstieg von rund drei Prozent zu verzeichnen. Die Kriminalitätsforscherinnen und -forscher des BKA haben drei zentrale Faktoren für den Anstieg der Fallzahlen identifiziert:
Während der COVID-19-Pandemie war die Mobilität stark eingeschränkt. Das heißt, die Menschen hielten sich generell mehr zu Hause und im nahen Umfeld auf. Mit dem Wegfall der letzten coronabedingten Einschränkungen im Frühjahr 2023 sind die Menschen wieder mehr unterwegs; tendenziell verstärkt im öffentlichen Raum. Dadurch ergeben sich mehr Tatgelegenheiten und -anlässe. Das Vor-Corona-Niveau in Bezug auf die Mobilität wurde Ende 2022 jedoch noch nicht erreicht.
Erstmals seit Jahren wird die Inflation in der Bevölkerung als wesentliches Problem wahrgenommen. Dies korreliert mit der Zahl der Gewaltdelikte. In ökonomisch schwächeren Regionen fallen die Fall- und Tatverdächtigenzahlen höher aus. Hinzu kommen Belastungen im sozialen Bereich. Insbesondere Kinder und Jugendliche haben mit erhöhten psychischen Belastungen als Folge der Corona-Maßnahmen zu kämpfen, was sich auch auf ihre Anfälligkeit, Straftaten zu begehen, auswirken kann.
Deutschland verzeichnet aktuell eine hohe Zuwanderungsrate. Dadurch steigt die Bevölkerungszahl an und der Anteil an Nichtdeutschen an der Gesamtgesellschaft nimmt zu. Es ist davon auszugehen, dass viele Schutzsuchende mehrere Risikofaktoren aufweisen, die Gewaltkriminalität wahrscheinlicher machen. Dazu gehören die Lebenssituation in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie wirtschaftliche Unsicherheit und Gewalterfahrungen.
Bei den Gewaltdelikten ist zwar ein stärkerer Anstieg der nichtdeutschen Tatverdächtigen festzustellen. Im Verhältnis zu der durch Einwanderung deutlich gestiegenen Anzahl nichtdeutscher Personen in der Gesamtbevölkerung fällt der relative Anstieg an deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen jedoch ähnlich aus:
Anstieg an Gewaltdelikten in % vom 1. Hj. 2022 bis zum 1. Hj. 2023 (gerundet)
Quelle: BKA

Auch bei Minderjährigen zeigt sich insgesamt ein auffälliger Anstieg der Tatverdächtigenzahlen. Insbesondere bei den Jugendlichen spielen wahrscheinlich auch sogenannte ,,Corona-Nachholeffekte" eine Rolle. Für diese Altersgruppe relativ typische Normüberschreitungen waren während der Pandemie nur begrenzt möglich und werden nun möglicherweise verstärkt ausgelebt. 
Vergleicht man die Tatverdächtigenzahlen vom ersten Halbjahr 2022 mit den Zahlen zum ersten Halbjahr 2023, hat das Bundeskriminalamt auch bei der Kinder- und Jugendgewaltkriminalität einen stärkeren Anstieg der nichtdeutschen Tatverdächtigen festgestellt. Ähnlich wie bei den erwachsenen nichtdeutschen Tatverdächtigen relativiert sich dieser Anstieg jedoch, wenn man die Zahlen im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung betrachtet:
Veränderung Tatverdächtige in % vom 1. Hj. 2022 bis zum 1. Hj. 2023 (gerundet)
Quelle: BKA

Gemessen an den Vorcoronajahren ist der Anstieg also relativ und dazu auch plausibel zu begründen. Die Erzählungen von immer krimineller werdenden Ausländern werden bewusst politisiert, um damit einen anderen Zweck zu erreichen.
Nach den leidvollen Jahren der Coronakrise und dem darauf folgenden Ukraine Krieg ist die deutsche Bevölkerung nämlich zutiefst gespalten. Ein großer Teil wendet sich mittlerweile den Radikalen zu und wählt die AfD, ein anderer Teil ist unzufrieden und ratlos, während ein weiterer Teil seine Hoffnung in neu gegründete Parteien, wie zum Beispiel dem BSW von Sahra Wagenknecht setzt.
Der politische Wettbewerb spitzt sich auf zentrale Themen zu. Plötzlich besetzen auch die bürgerlichen Parteien Themenfelder, denen sie sich vorher verweigerten. Denn die Parteien in Deutschland sind orientierungslos, wie schon lange nicht mehr. Die Regierung agiert plan- und führungslos und der Unmut gegen die staatlichen Programme ist so unberechenbar, dass man dafür dringend einen Sündenbock braucht.
Nachdem in der Coronakrise zunächst Impfgegner und Ostdeutsche pauschal zu Abweichlern erklärt wurden und man damit ein ideales Feindbild geschaffen hatte, reichte diese simple Kategorisierung in Gut und Böse auf Dauer nicht aus.
Mit Beginn des Ukrainekonflikts verlagerte sich die Wut des zentralistischen Lagers aus intellektuellem Establishment und bürgerlicher Mitte. Plötzlich waren es die Putintrolle und Russland Versteher, die man als Abtrünnige anklagen konnte, um das Menetekel einer schleichenden Radikalisierung zu instrumentalisieren, während die Meinungsmacher auf der anderen Seite Zerrbilder vom Untergang der multikulturellen Idee bemühten. So geriet die Idealisierung einer einheitlichen Nation aus Herkunftsdeutschen und nützlichen Zuwanderern zum Sprachgebrauch derer, die von der Idee eines lagerübergreifenden und neonationalistischen Reformgedankens überzeugt sind.
Beides ist übertrieben. Während die eine Seite dieses genutzt hat, um vor einer neuen rechten Gefahr zu warnen, schürte die andere Seite die Angst vor dem Untergang des Abendlandes. Je mehr die eine Seite so in das Dilemma einer weiteren Spaltung geriet, desto mehr profitierte die andere Seite davon. Erst das Thema der Zuwanderung einte paradoxerweise beide Seiten wieder. Denn es wurde zum universellen Politikum von Parteien, denen es nicht um Differenzierung geht, sondern um Wählerstimmen und Stimmungen.

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass die Debatten nicht konstruktiver oder sachlicher wurden, sondern im Gegenteil, die Umfragen haben den Zuwachs der Extremen immer weiter bestätigt, sodass insbesondere die AfD, als zu Teilen rechtsradikale Partei mittlerweile kurz davor ist, Wahlen zu gewinnen und Regierungen zu bilden. Ein Alarmsignal. Denn auch die etablierten Parteien haben inzwischen erkannt, dass sie nur eine Chance haben, wenn sie innerhalb der deutschen Wahlbevölkerung keine weiteren Barrieren aufbauen durch Konflikte, bei denen eine ultimative und einseitige Sicht der Situation gefordert ist, sondern ein unabhängiges Terrain brauchen, auf dem sie ihre Politik radikalisieren und ihren scheinbaren Anspruch, auch die unangenehmen Felder des politischen Tagesgeschäfts besetzen zu wollen, manifestieren können.
So wurde das Flüchtlingsthema, welches quer durch alle Parteien traditionell immer wieder vor Wahlen aufkommt, auch diesmal wieder zum idealen Sujet, um sich dort auszutoben und großen Teilen der Bevölkerung das Gefühl zu vermitteln, dass es einen Schuldigen für die Misere gibt und dass man nur konsequent durchgreifen muss, um dadurch eine Lösung für unsere wirtschaftlichen, aber auch gesellschaftlichen Probleme zu finden.

,,Deutschland ist überfordert, Deutschland hat keinen Platz mehr, Deutschland ist nicht länger bereit Destination Nummer eins zu sein." (Sahra Wagenknecht BSW)

,,Um zu verhindern, dass immer mehr Menschen ankommen und um die Kommunen tatsächlich langfristig zu entlasten, brauchen wir jetzt die im Koalitionsvertrag verankerten Migrations- und Rückführungsabkommen." (Ricarda Lang, GRÜNEN)

,,Ein Viertel einer Stadt darf nicht mehr als 25 Prozent Migrantenanteil haben."(Wolfgang Kubicki FDP)

,,Unser Grundrecht auf Asyl war nicht auf die heutige Form der irregulären Massenmigration ausgelegt."(Jens Spahn CDU)

,,In NRW wird das Kalifat ausgerufen, in Berlin erst der Neptun-Brunnen "erobert", dann die Polizei attackiert. Was beide gemeinsam haben: Sie werden von einer CDU regiert, die ab 2015 im Bund & bis heute in den Ländern ein Migrationschaos verantwortet, das nicht nur den Sozialstaat, sondern vor allem die Sicherheit der Bürger gefährdet."(Alice Weidel - AfD)

,,Wir müssen endlich in großem Stil abschieben!" (Olaf Scholz SPD)

,,Wir fordern eine massive Begrenzung in der Zuwanderungspolitik!" (Markus Söder CSU)

Flüchtlinge, die uns auf der Tasche liegen und unberechtigterweise abkassieren, sind ein ideales Prospekt für Neid und Missgunst und gleichzeitig eine simple Erklärung für wirtschaftlichen Abstieg und die Sorge ums Überleben. In diesem Narrativ sind nicht wir in den reichen Industrieländern die Ausbeuter, sondern die Zuwanderer. Nicht wir nehmen uns das Recht, andere Länder zu unterdrücken, sie als Markt zu missbrauchen und ihnen dann den Zugang zu gleichem Status zu verwehren, sondern sie erschleichen sich diese Rechte ohne wirklich Anspruch darauf zu haben.
Ein funktionierendes demagogisches Prinzip. Denn Flüchtlinge können sich nicht wehren oder argumentieren. Zudem können sie nicht wählen. Sie sind auf unsere Gunst angewiesen. Vor allem das Thema Kriminalität durch immer mehr Zuwanderung ist ein perfektes Feld, um Angst zu schüren und Ressentiments zu erzeugen. Indem man gleichzeitig die Verantwortung für die Verursachung dieses Problems zwischen den politischen Gegnern hin und herschiebt, erweckt man den Eindruck, dass wir es mit einer Politik Elite zu tun haben, die mit diesem Problem zu lasch umgeht und es als Teil ihrer ideologisch historischen Indoktrinierung zu grenzenloser Toleranz nicht einsieht, dass zu einer zeitgemäßen Politik auch der rigide Umgang mit Zuwanderung gehört.
Das ist gleich in mehreren Punkten falsch und ungerecht. Denn die meisten Menschen, die zu uns kommen, haben keine bösen Absichten und viele von ihnen waren noch nie in ihrem Leben kriminell. Sowie auch die wirklichen Straftaten der illegal Zugewanderten wahrscheinlich gar nicht erfasst werden können. Es sind vor allem die spektakulären Fälle, über die berichtet wird und so entsteht der Eindruck einer Spirale, die nur durch radikale Maßnahmen zu stoppen ist.
Ein Großteil der Bevölkerung hat mittlerweile das Gefühl, dass jeder fremde Mensch, der zu uns kommt, ein potenzieller Gewalttäter ist und nur darauf lauert, den Deutschen an den Kragen zu gehen, sich an ihnen zu bereichern oder es ihnen in irgendeiner Form heimzuzahlen, was ihnen an Ungerechtigkeit widerfahren ist. Das ist nicht nur paranoid, sondern geradezu dumm und ignorant. Abgesehen davon, dass die Gründe dafür, dass Menschen zu uns kommen, oft auch darin liegen, dass wir in diesem Land immer noch nicht gelernt haben, die Fluchtursachen zu bekämpfen, statt uns über die Auswirkungen unserer fehlgeleiteten Politik zu beschweren, ist es auch ein Hohn, dass wir in einer Zeit der Globalisierung immer noch glauben, uns gegen jegliche fremde Einflüsse abschotten zu müssen und es für ein gottgegebenes Privileg halten, in Wohlstand und Freiheit leben zu können, während andere Menschen schon seit Jahren im Krieg leben und an Hunger und Not leiden und aus Verzweiflung keine andere Lösung sehen, als uns um Hilfe zu bitten. Wir müssten daher gründlich darüber nachdenken, ob die Verteilungsgerechtigkeit, die auch die UN seit Jahren als Ursache für Fluchtbewegungen nennt, nicht dadurch zu vermeiden wäre, dass wir unseren materiellen Wohlstand nicht mehr dadurch erwirtschaften, dass wir Waffen in Krisengebiete exportieren, ohne darüber nachzudenken, welche Folgen es für die demografische Entwicklung der westlichen Wohlstandsgesellschaften haben kann.
Deutsche Waffen, Kriegstechnologie sowie Komponenten aus deutscher Fertigung sind global verbreitet. Zwischen 116 (2021) und 131 (2020) Länder erhalten laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter aus deutscher Produktion: rund 75 bis 100 sogenannte Drittländer, 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und 13 der Gruppe der NATO-Länder bzw. NATO-gleichgestellten Länder.

Diese Zahlen sind in den letzten zwei Jahren sogar deutlich gestiegen. Es gibt also offensichtlich einen Zusammenhang zwischen unserem wirtschaftlichen Interesse, Profit aus dem Leid anderer Menschen zu machen und unserem Sicherheitsbedürfnis, den steigenden Flüchtlingszahlen und der Kriminalitätsrate. Die Herleitung, dass ein Asylsuchender per se mehr Potenzial zur Kriminalität aufweist, ist jedoch sträflich falsch und boshaft.
Das klingt für den Radikalen wie eine Art Sozialromantik und man wird heute von vielen dafür belächelt, wenn man diese Argumente aufführt. Manche nennen es auch Whataboutism und driften damit noch tiefer in kategorische Abwehrhaltungen eines anachronistischen Chauvinismus. Dabei wissen selbst unsere Politiker schon seit langem, dass das Zusammenleben zwischen den Gesellschaften insbesondere in den letzten 100 Jahren seit der Industrialisierung komplizierter und komplexer geworden ist und wir nicht mehr davon ausgehen können, dass eine Aufteilung der Welt in Nationalstaaten noch sinnvoll und gerechtfertigt ist. Vielmehr vermischen sich die Kulturen und Religionen und auch die Herkunft der Menschen, sodass wir lernen müssen, dass die Gesellschaft der Gegenwart heterogen ist und nicht mehr monokulturell.

Man erinnere sich daran, wie 2015 massive Politik dafür betrieben wurde, dass man die Flüchtlinge in Deutschland willkommen hieß. In gewisser Weise war diese Art mit der Situation umzugehen, genauso übertrieben wie das, was wir zurzeit erleben. Es gibt in diesem Land keine Balance zwischen den Extremen. Mal ignoriert man die internationalen Absprachen, die man getroffen hat, um die Flüchtlinge gerecht auf alle Länder der Europäischen Union zu verteilen, mal schiebt man die Verantwortung dafür auf andere ab. So auch im Jahre 2016, als man dem türkischen Präsidenten Erdogan Milliarden Beträge dafür gezahlt hat, dass er die Flüchtlinge an der europäischen Außengrenze zurückhält.
Vielleicht ist es also auch die Einsicht in das eigene Versagen im Umgang mit der Entwicklung der Zeit, welches jetzt dazu führt, dass die Politik einen Druck erzeugt, bei dem die Bevölkerung glauben soll, dass es eine ultimative Lösung für all unsere Probleme gäbe, die darin liegt, dass man die Grenzen dicht macht und sich abschottet. Und das ist trügerisch. Denn solange es die besagte Verteilungsungerechtigkeit gibt, solange wir weiterhin davon profitieren, dass wir an Krisen verdienen, solange werden auch Menschen versuchen, zu uns zu kommen und den gleichen Standard für ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu erreichen. Das ist niemanden zu verwehren. Und es ist auch nichts Unmoralisches. Unmoralisch ist unser Handeln und Denken, wenn wir glauben, dass die Welt nach unseren Regeln funktioniert. Denn das ist schon lange nicht mehr der Fall.
Viele Länder der sogenannten Dritten Welt sind mittlerweile hoch entwickelt und auch wirtschaftlich auf dem Weg, uns zu überholen. Wir denken in Europa immer noch, dass wir die Krone der Schöpfung sind und maßen uns eine Arroganz an, über andere zu urteilen. Dabei haben wir schon lange nicht mehr das Zepter in der Hand. Europa ist hochgradig abhängig von den Märkten der USA und Ostasiens. Deutschland als Industrie und Exportnation braucht den Handel mit fremden Ländern genauso wie den Austausch mit anderen Kulturen. Zuwanderung ist weder für unsere Gesellschaft, noch für unsere Wirtschaft eine Bedrohung, sondern sie ist weiterhin lebenswichtig. Eine unkontrollierte Massenzuwanderung ist ein Zerrbild der Realität und die Vorteile der Zuwanderung auf ihre Nützlichkeit zu beschränken ist nichts anderes als versteckter Kolonialismus.

Unsere Wettbewerbsfähigkeit hängt von unserer Offenheit für Veränderung ab. Die Zuwanderung ist dabei ein wichtiger Faktor. Wir erleben gerade im Fachkräftebereich ein Mangel an Arbeitskräften wie nie zuvor. Nach den Coronajahren haben sich viele Dinge verändert. Menschen haben ihre ursprünglichen Berufszweige verlassen und arbeiten jetzt, um mehr zu verdienen, in vollkommen anderen Bereichen. Damit fehlt es zum Beispiel in der Gastronomie an allen und Ecken und Enden an Servicekräften und Personal. Wenn unsere Regierung es schaffen würde, ein positiveres Bewusstsein in der Bevölkerung für Zuwanderung zu erzeugen, dann würden viele Menschen erkennen, dass Zuwanderung auch immer eine große Chance bedeutet. Menschen in Arbeit zu bringen, gesellschaftliche Strukturen zu erhalten, durch Austausch und nicht durch Abschottung und vor allem Dialog Verständnis zu erzeugen und nicht Angst zu schüren.
Solange wir aber an Denkweisen und Methoden der Vergangenheit festhalten und Ausländerfeindlichkeit und Xenophobie als Mittel benutzen, um unsere eigene Unzulänglichkeit im Umgang mit den Veränderungen der modernen Welt zu kaschieren und die Verantwortung dafür denen in die Schuhe schieben, die nichts dafür können, solange werden wir auch den Folgen unserer Engstirnigkeit ausgeliefert bleiben und damit leben müssen, dass die Reaktion auf eine sich verändernde Welt nicht nach willkürlichen Bedingungen funktioniert, sondern immer nur eine angemessene und gerechte Antwort auf die Umstände sein darf.
22.03.24

©Serdar Somuncu
Aktuelles Programm ,,Seelenheil" jetzt downloadbar in Shop
*Serdar Somuncu ist Schauspieler und Regisseur
Kommentare
  • Corinna Schmidt -Bölling
    28.03.2024 10:04
    Großartige Analyse! Differenzierte gut verständliche Darstellung der gesamten Problematik!
    Wenn das doch bloß mehr Menschen das lesen und begreifen würden sähe es in unserer Gesellschaft anderes aus.
    Aber . . .die Unendlichkeit des Universums und der menschlichen Dummheit. ( beim Universum war sich Einstein nicht sicher ;-)
  • Aron
    27.03.2024 22:05
    Lieber Serdar ,ich schätze Dich als Einen der wenigen wirklich Intellektuellen in unserer Gesellschaft.Das Problem an sich,ist aber doch ein ganz anderes.Es ist der imperialistische Globalismus der USA, der hier in Deutschland mit seiner Marionettenregierung die Fäden zieht.Eindeutig unsere Wirtschaft zerstören möchte,nach dem Prinzip teile und Herrsche.
    Fast alle Kriege wurden ausnahmslos von der USA initiiert, die diesen immensen Flüchtlingsstrom doch erst zur Folge haben.
    Es kommen aber nicht die angepriesenen Facharbeiter, sondern leider viele ungebildete Menschen, mit dem Hang zu religiösen Fanatismus ,weil leicht beeinflussbar.
    Außerdem haben diese noch ein steinzeitliches Frauenbild und sind Antisemitisch.
    Wenn wir 10 Millionen Perser bekommen hätten, die vor den Mullahs fliehen,würden wir diese Diskussion garnicht führen,da diese meist kulturell gebildeter und integrationsfähiger sind.
    Wir können uns nicht aus der Verantwortung stehlen,aber für mich ist ganz klar, dass kriminelle Menschen die sich nicht integrieren lassen, sofort
    abgeschoben werden müssen.
    Wenn ein obdachloser Freund bei mir auf der Couch schläft,der meinen Nachbarn beleidigt weil er Jude ist.Frauen unsittlich berührt,weil er Frauen für minderwertig hält,oder mich beklaut,schmeiße ich ihn ja auch sofort raus!
    Was mir an der Diskussion aber nicht gefällt ist, wenn Scholz sagt“Wir müssen im großen Stil abschieben“!Dann ist das ok,aber wehe die AfD sagt das,dann sind das Nazis.
    Da werden um eine echte Opposition auszuschalten Narrative geschaffen, die schon seit Corona die Würde des Menschen angreifen denunzieren und Volksverhetzend sind.
    Das ist Präfaschistoider totalitärer Absolutismus ala 1984 was sich hier entwickelt,und das hat nichts mit der AfD zu tun.
    Man muss die AfD nicht mögen,aber da wird zwecks Machterhalt mit zweierlei Maß gemessen.Wenn die AfD so rechtsextrem ist,warum wurde um Sahra Wagenknecht gebuhlt?Es gibt sicher einen rechten Flügel in der AfD,aber ist der so weit rechts wie der Linke Flügel der Grünen,und der Linken,wo Bundestagsabgeordente sogar Linksextreme beschäftigen?
    Ich denke,der AfD hätte Sahra Wagenknecht gut zu Gesicht gestanden, die schnittmengen sind größer als es viele ahnen.
    Gemeinsam hätten sie die Ampel abschalten können, und dafür sorgen,dass Deutschland in keine Richtung abdriftet, um die Demokratie zu erhalten.








  • 23.03.2024 08:10
    So ein wichtiger Text für die Aufklärung von Fakten. Statt die eigene Stimmung oder die Stimmung im Außen als die Wahrheit zu sehen, sollte man sich die Zahlen anschauen und in der Realität bleiben!
    Danke Serdar für die Fakten. Was könnte man noch tun, um die innere Haltung der Menschen ins Lächeln umzuwandeln und sie dadurch an der friedvollen Verbundenheit zu beteiligen?
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The same faces always follow me on the streets of Berlin: Marie-Agnes Strack-Zimmermann in the Christian Lindner memorial black and white; Sahra Wagenknecht, who has only mastered a single facial expression in photos for fifteen years and is not running at all in the European elections; or Katharina Barley, who is apparently so unknown as the top candidate for the European elections that Olaf Scholz is standing by her side on the posters, so that the passing mob at least develops a rough idea of what this mysterious Ms. Barley is all about.

However, it's also exciting who doesn't advertise with the faces of their candidates: the CDU knows full well that it can't win much ground with the likeness of Ursula von der Leyen. The Christian Democrats are focusing on their core competence: airy casings that somehow sound delicious, the potato soup among the slogans, consisting of empty carbohydrates and still warm. "For a Germany in which we live well and happily" was the motto of the 2017 federal election. Today: "For a Europe that protects and benefits." Sexy.

First and foremost, we are dealing with great theater. The Germany in which we live so well and happily believes that its population has very little influence over their own interests. We are free to change staff every four years, although the overall shifts are rather manageable in most cases due to the five percent hurdle - much more than that is up for debate. Once they have made themselves comfortable in their seats, the politicians primarily do what they want. If they do nonsense, you have to wait until the next election to be able to sanction them for it. The population is only allowed to participate in the debate on Twitter or TikTok.

There are no means of driving out a politician who throws his principles and election promises overboard in a very short space of time - otherwise the Green faction in the Bundestag would be significantly smaller today. In addition, there is the planned electoral law reform to reduce the size of the Bundestag, which, however, primarily targets direct mandates from smaller parties. Here alone one could speak of a gross break with the will of the voters, after all, the common voter is not just there to shift percentages, but to make his or her voice heard.

The structures at the European level in particular are almost absurdly opaque. At five-year intervals, citizens are counted to cast a vote primarily in favor of leaving them alone for the next five years. There is a good tradition of deporting failed or simply annoying former federal politicians to Brussels in order to keep them busy there with twice the workload of meeting weeks and thus practically silence the local discourse. Meanwhile, the future of all of us is being decided in Europe - and we know next to nothing about it! Via text message, Ursula von der Leyen is costing taxpaying EU citizens billions and billions of euros for a vaccine that over time turned out to be significantly less effective than was initially assumed. A single company benefited greatly from the biggest crisis since the Second World War.

One hears again and again that the legislative periods, especially at the federal level, are too short to actually change anything. We should only elect the German Bundestag every five or even six years to give the poor politicians the time to implement their plans in peace. The logical error here is obvious: governments are completely free at any time to make future-oriented decisions, the benefits of which will only become apparent long after the current legislative period - but they consciously decide against it in order to promote populist fast food based on surveys. to pursue politics that are intended to maintain one's own power.

It is better to push the unpleasant things into the next legislature. After all, you want to decorate yourself with immediate, small successes. However, why this should be a problem for voters is completely unclear. Shouldn't we expect more from our elected representatives to get off their high horse and commit themselves to the German people instead of just keeping their own chair warm? Is it the voter's fault if Lauterbach pulls off a patchwork bureaucratic monster of cannabis legalization in order to be celebrated as a pioneer?

In his well-read pamphlet "Screw Selflove, Give Me Class War," the author Jean-Philippe Kindler describes our democracy as "capitalism with elections." So while the personnel changes, politicians, as soon as they get into positions of power, despite all the loud promises of unshakable ideals, end up serving the corporations. This is rarely as obvious as when the FDP leads the finance ministry. The AfD, which sells itself as social, also repeatedly talks about not wanting to tax wealthy people or companies more heavily under any circumstances. Commitment to the needs of the much-discussed (and rarely actually addressed) "little man" on the ass. In view of the draft law on the Promotion of Democracy Act, which, depending on its interpretation, can also be misused to stifle criticism of the government by citing a threat to the state. Imagine if such a law were in force under an AfD-led government.

Anyone who walks through the streets in Berlin is stared at by posters with slogans such as "Give Prosperity a Voice" (CDU), "Against Hatred and Incitement" or "For Moderation, Center and Peace" (both SPD) - absolutely meaningless turnip stew formulations - or: "Education: first line of defense of democracy." Of course a poster from the FDP, whose top candidate Marie-Agnes Strack-Zimmermann cannot deviate from the war rhetoric even when it comes to educating people to become politically informed, responsible citizens . But it is of course welcome that the FDP wants to work for better education, because things are extremely bad in Germany. There are even said to be well-known female politicians in government parties whose reading skills are apparently so limited that they consider Mother Courage to be a positive identification figure.

As I said, it is true that most governments achieve little that will change the world in the four years they are given. However, that doesn't mean you shouldn't try. Unfortunately, we are observing a completely discouraged government that is not providing any answers to pressing questions about the future. In a rule by the people, we would actually be counted on to assert our civic duty beyond the ballot box to vote on individuals. We have the instrument of the referendum for this purpose. But anyone who walks across the streets in Berlin and observes election posters cannot help but remember the last referendums here in this city:

On May 25, 2014, a referendum was held on the development of Tempelhofer Feld. The development of the popular park planned by the Senate should be prevented by the plebiscite. A majority voted for the referendum and thus for the preservation of Tempelhofer Feld as a local recreation area and historical site. There were last headlines about the planned development of Tempelhofer Feld in autumn 2023, so the referendum is up for discussion.

The referendum on the expropriation of the real estate group Deutsche Wohnen took place during the 2021 federal election. The aim was to break the dominance of corporations like Deutsche Wohnen in order to prevent rents from skyrocketing and to maintain Berlin as a reasonably affordable place to live. As a basic service, apartments should be rented out by the city at controlled prices so that there is no Darwinian struggle for the scarce living space. The referendum received widespread support from the electorate. It has not yet been implemented and is no longer even discussed.

The last Berlin plebiscite was "Berlin 2030 climate neutral". The aim was to formulate a law that would oblige Berlin to comply with certain emission saving measures. The initiators must also have been very aware that the feasibility was only moderately good; the idea was certainly not least to be able to hold the city accountable for past failures. But none of that matters, because the referendum was actively sabotaged by the city of Berlin by not holding it parallel to the repeat election in February 2023, but more than a month later, even though it would have been possible to hold it in February.

The reason that referendums are often combined with elections is that they can increase participation. The only time the German Michel tends not to go to his polling station is for a referendum. If the plebiscite is added when an election is coming up anyway, it will have a huge impact on the number of participants. Scheduling the referendum on the climate law for Berlin on a separate date inevitably meant that the necessary quota was not reached. Here the population was partially denied the opportunity to make their own voice audible in a simple and low-threshold manner.

When Hubert Aiwanger said that the people should "take back democracy," it was treated like a despicable threatening gesture given his unjustifiable missteps in his previous life. But we need to think seriously about the state of a democracy in which we give power to people who can then act with impunity against the will of the voters and even ignore it when it is officially stated. The idea of representative democracy is noble and shows a belief in the good in people, but does not take into account the corruptibility of politicians, which always has to be taken into account in capitalism. When Julia Klöckner, then Minister of Food, praises Nestlé, it should be clear to every responsible citizen that something is wrong here. Whose interests should be represented here?

It is only worth arguing about longer terms of office if at the same time it enables greater participation of the population in other democratic processes. Imagine if we were now tied to the traffic lights for a total of six years instead of four and were practically at its mercy for the entire period when it comes to potentially existential debates such as arms deliveries or military conscription. Stability in a democracy can only exist if the population actually trusts the government and can intervene when that trust wanes. When politicians no longer just use easily digestible phrases and populist theses for election campaign purposes, only to be unable to be warned to comply once they are elected. When corporations, lobby associations and shady interest groups are disempowered. If this succeeds, a government no longer has to be so afraid of the Internet that it would need a law to promote democracy.

05/06/24
*Bent-Erik Scholz works as a freelancer for RBB